Auch wenn man davon wohl keinen Trend ableiten kann, ist es eine durchaus bemerkenswerte und interessante Tatsache, dass nur anderthalb Jahre, nachdem Valve mit Left 4 Dead 2 das brutalste Spiel in der Firmengeschichte abgeliefert hat, mit Portal 2 nun ein selbst für Kinder geeigneter Titel folgt. Es ist das erste Game des Entwicklers, dass in den USA ein ERSB-Rating E 10+ erreicht hat, also für alle über zehn Jahren freigegeben ist. Ein kleiner Rückblick:
Das Erstlingswerk Half-Life hatte durchaus einen hohen Gewaltgrad. Zwar gab es keine Szene, bei der übertrieben viel Brutalität zum Einsatz kam, es war aber etwa durchaus möglich, dass man gestorbene Wissenschaftler mit der Brechstange in einzelne Fleischbrocken zerlegen konnte - ein Überbleibsel aus der Quake-Ära. Sechs Jahre später in Half-Life 2 gab es derartiges nicht mehr, Ragdoll-Physik war damals die große Nummer in der Spieleindustrie.
So konnte man feindliche Combine-Soldaten etwa mit Granaten durch die Gegend schleudern, sie blieben allerdings immer komplett und, abseits von Blutflecken, völlig unverändert. Sogenanntes Dismemberment, also "Zerstückelung", gab es in relativ einfacher Form nur bei Headcrab-Zombies und Aliens, etwa den Antlions. Auch die MP-Titel aus der damaligen Zeit, Counter-Strike: Source und Day of Defeat: Source hatten nur Ragdolls. Wesentlich weiter ging da schon Team Fortress 2 im Jahr 2007, das den Gewaltgrad deutlich angehoben hat. Bei Explosionen zerfallen die Charaktere in ihre Einzelteile, Köpfe, Gliedmaßen und Torsos liegen auf den Schlachtfeldern herum, auch die Bluteffekte wurden ausgeweitet.
Aber natürlich gibt es einen wichtigen Aspekt den man berücksichtigen muss: TF2 ist im Comic-Stil gehalten. Ganz anders sieht es mit den beiden Ego-Shootern aus die folgten. In Left 4 Dead ist es möglich den menschlichen Zombies einzelne Gliedmaßen und den Kopf abzuschießen. Durch Engine-Limitierungen ist allerdings nur eine Abtrennung pro Gegner möglich und auch nur bei tödlichen Treffern. Bei Explosionen verwandeln sich die Körper in eine riesige Blutfontäne.
Das Sequel geht noch einen Schritt weiter. Das bisher brutalste Valve-Game stellt Treffer und Wunden grafisch wesentlich spektakulärer dar, die Körper können richtiggehend entstellt werden und bei Explosionen fliegen dem Spieler zahlreiche Leichenteile um die Ohren. 43 individuelle Verletzungsmöglichkeiten gibt es und fast 800 mögliche Kombinationen von diesen treten im Spiel auf. Verantwortlich für diese Effekte war Weta Digitals-Veteran Gray Horsfield. Auch in Portal 2 hat dieser sein Können eingesetzt, allerdings für cineastische Szenen und Augenblicke wie die Anfangssequenz. Wobei, genau genommen gibt es auch im kommenden Puzzle-Spiel die Möglichkeit Charaktere zu zerstückeln. Allerdings nur die beiden respawnenden Coop-Roboter Atlas und P-body. Ganz ohne Gewalt geht es ja dann doch nicht.