In den vergangenen Tagen gab es bei uns gleich mehrere News über VR und da Valve in Partnerschaft mit HTC Ende des Jahres ein eigenes Headset veröffentlichen möchte, wird es davon auch noch einige mehr geben. Doch viele wissen gar nicht, was man sich unter VR genau vorstellen kann, wie es funktioniert und warum das überhaupt so eine große Sache ist. In dieser News möchten wir deshalb einen kleinen Überblick geben, worum es überhaupt geht, falsche Vorurteile ausräumen und auch wichtige Begriffe zu dem Thema erklären.
Grundsätzlich ist das ein dehnbarer Begriff, wir sprechen in dem Zusammenhang von einem Headset, das die realen Bilder durch computergenerierte Grafik austauscht und den Nutzer somit in eine andere Welt versetzt. Auch Kopfhörer und intuitive Eingabemethoden sind wichtig für ein gutes VR-Erlebnis. Anders als bei bisherigen Medien wie Büchern, Fotos und Filmen, ist es damit möglich Dinge selbst zu erleben und nicht nur eine Beschreibung oder Repräsentation davon.
Im 3D-Kino oder bei 3D-TVs werden mittels Stereoskopie dreidimensionale Bilder erzeugt, die wirken, als würden sie teilweise vor der Leinwand oder dem Bildschirm schweben. VR ist ein komplett anderes Medium, obwohl es selbst Bildschirme verwendet, ist man nicht an sie gebunden. Man kann in alle Richtungen blicken und sieht die virtuelle Welt genauso, wie man auch die Realität sehen würde, mit korrekten Proportionen und Größenverhältnissen (ein Charakter in VR wirkt genauso als würde ein normaler Mensch neben einem stehen).
Zwar gibt es auch einen 3D-Effekt, dieser ist aber nicht essentiell für VR, sondern nur vorhanden, weil es den eben auch in der Realität gibt. Selbst Personen die auf einem Auge blind sind, können ein VR-Headset nutzen. Ein weiterer Unterschied basiert auf der Tatsache, dass Menschen unterschiedlich große Augenabstände haben. Für 3D-Filme wird beim Abstand der Stereokameras ein Durchschnittswert verwendet, was bei Menschen die vom Durchschnitt stark abweichen dazu führt, dass im besten Fall der 3D-Effekt einfach nur schwach wirkt, im schlimmsten Fall aber sogar dadurch Kopfschmerzen und andere Beschwerden ausgelöst werden können. Dadurch, dass Virtual Reality kein passives Medium wie Film ist, sondern individuell in Echtzeit gerendert wird, können die virtuellen Stereokameras exakt an den Augenabstand des Nutzers angepasst werden.
Der Aufbau eines VR-Headsets ist eigentlich relativ simpel, es besteht im Grunde nur aus zwei Linsen, die den Blick ins Unendliche fokussieren, einem oder zwei Displays und Sensoren, die für die exakte Positionsbestimmung verantwortlich sind. Dadurch, dass die Displays einen großen Teil des Sichtfelds (etwa 100 bis 110 Grad) abdecken, wirkt das Bild trotz der hohen Auflösung heutiger Smartphone-Displays ein wenig pixelig. Bei den Endbenutzer-Versionen (Consumer Versions) werden die einzelnen Pixel zwar nicht mehr so hervorstechen, es werden aber in den kommenden Jahren deutliche Verbesserungen zu erwarten sein, wenn die Auflösungen noch weiter steigen. (Bis zu 16.000x16.000 Pixel pro Auge werden benötigt, bis man keine Verbesserung mehr sehen wird.)
Durch die aber bereits jetzt relativ hohen Auflösungen, wo ein Vielfaches der Pixel im Vergleich zu klassischen Spielen, die mit 1080p und 30 FPS laufen, gerendert werden müssen, wird für VR ein möglichst guter PC benötigt. So etwas wie eine zu gute GPU gibt es nicht, schneller ist immer besser. Eine High-End-Maschine ist allerdings keine absolute Mindestanforderung, da man Präsenz in VR auch mit simplerer Grafik erleben kann, die auch ein mittelstarker PC darstellen kann.
Es gibt keine genaue Definition für Präsenz, gemeint wird aber der Zeitpunkt, wo Virtual Reality so gut ist, dass Teile des Gehirns diese Bilder als echt akzeptieren. Das hat allerdings nichts mit fotorealistischer Grafik zu tun, es geht nicht darum, dass der Nutzer nicht mehr weiß ob er sich in VR befindet, sondern spielt sich auf Ebenen ab, die unterhalb des aktiven Bewusstseins liegen. Michael Abrash hat Präsenz mit einer optischen Täuschung verglichen, bei der etwa die beiden mittleren Flächen in dieser Grafik wirken, als hätten sie eine unterschiedliche Farbe. Selbst wenn man die Farbwerte überprüft und somit mit absoluter Sicherheit weiß, dass sie identisch sind, wird man jedes mal wenn man hinschaut aufs Neue getäuscht werden.
Das liegt daran, dass das Gehirn die Erkennung von Objekten, Beleuchtung und das Einschätzen der Größe extrem schnell erledigen muss, da diese Information permanent in Sekundenbruchteilen benötigt wird, damit wir beispielsweise nicht dauernd gegen Wände laufen, weil wir zu lange darüber nachgedacht haben, wie weit die Wand noch entfernt ist. Das heißt aber auch, dass wir diesen Teil unseres Gehirns nicht mit unserem aktiven Bewusstsein, etwa dem Wissen, dass die Farben identisch sind, beeinflussen können. Das würde schlicht zu lange dauern.
Und so ist das auch bei der Präsenz in VR: Obwohl man weiß, dass es nicht echt ist, obwohl die Welt vielleicht aussieht wie ein Comic, fühlt es sich echt an, wenn VR gut genug ist. Was heißt gut genug? Die Latenz des Gesamtsystems muss extrem niedrig sein, nämlich unter 20 Millisekunden, das Tracking muss exakt sein, etwa auf ein Zehntel Grad genau und die Anzeige muss klar (siehe Low Persistence) und hoch genug aufgelöst sein. Wenn das alles erreicht ist, fühlt es sich echt an. Man fühlt sich also präsent in der virtuellen Welt, als wäre man wirklich dort.
Bei Low Persistence handelt es sich um eine Methode, um Bewegungsunschärfe zu verhindern. Diese entsteht dadurch, weil selbst bei einer hohen Bildwiederholfrequenz von etwa 90 Hertz das Display für eine Zeit lang ein falsches Bild anzeigt. Jedes mal wenn man den Kopf bewegt, muss das Bild von einem neuen Blickwinkel aus gerendert werden. Bei 90 Hertz gibt es etwa alle elf Millisekunden ein neues Bild. Doch da man den Kopf währenddessen immer weiter bewegt, ist der Blickwinkel schon nach wenigen Millisekunden wieder falsch. Während man also auf ein neues Bild mit dem nun korrekten Blickwinkel wartet, sieht man für einige Zeit ein falsches Bild.
Valve ist bei seinen Forschungsarbeiten auf einen Trick gekommen: Zeigt man kein Bild, ist es viel besser als wenn man ein falsches Bild zeigt. Bei Low-Persistence werden die Pixel des Displays also nur einmal kurz (für etwa zwei Millisekunden) eingeschaltet und dann für die restlichen neun Millisekunden wieder abgeschaltet, bis das nächste - nun wieder korrekte - Bild fertig gerendert und an das Headset geschickt wurde. Das Bild wirkt dadurch zwar etwas dunkler, aber dafür auch in Bewegung gestochen scharf. Valve hat diese Erkenntnis mit Oculus geteilt, welches dieses Verfahren seitdem in seinen eigenen Geräten (DK2, Crescent Bay, GearVR) einsetzt. Auch Sony setzt bei seinem neuen Prototyp von Morpheus darauf.
Die genaue Definition von SteamVR ist momentan etwas unklar, da Valve selbst den Begriff sowohl für die eigene Software als auch für die eigene Hardware, wie das Lighthouse-Tracking, verwendet. Grundsätzlich kann man es als eine Art Plattform betrachten, ähnlich wie die Steam Machines. So können beispielsweise auch andere Hersteller neben HTC eigene VR-Headsets entwickeln und dabei sowohl die Software als auch Hardware-Technologie von SteamVR verwenden. Es ist außerdem auch eine Schnittstelle, die Spieleentwickler verwenden können, um ihre Spiele schnell und einfach VR-tauglich zu machen. So muss nicht jeder Entwickler selbst eine Unterstützung für alle auf dem Markt erhältlichen Headsets einbauen, sondern Valve erledigt das für sie. Das ist übrigens nicht nur auf SteamVR-Headsets beschränkt, auch Oculus-Geräte werden unterstützt.
Ein wichtiger Bestandteil von Virtual Reality und für das Erreichen von Präsenz ist die exakte Positionsbestimmung des Headsets und von möglichen Eingabegeräten. Valve hat ein neuartiges System entwickelt, das extrem präzise ist und gleichzeitig Objekte in einem größeren Bereich (bis zu 20m² mit zwei Basisstationen) tracken kann. Mehr über die genaue Funktionsweise findet ihr hier.
AR (Augmented Reality) ist ein etwas anderer Ansatz. Während man in VR komplett in eine andere Welt teleportiert wird, soll in AR die echte Welt mit zusätzlichen Elementen ergänzt werden. Ein klassisches Beispiel aus Science Fiction Filmen wäre etwa, dass man zusätzliche Informationen, wie Name und Alter, neben dem Kopf einer Person schweben sieht, wenn man sie ansieht. Viele technologische Hürden von VR und AR decken sich aber, weshalb sich die aktuellen Entwicklungen durchaus ergänzen.
Erste Ansätze für Virtual Reality gab es schon in den 1950er-Jahren, besonders in Erinnerung sind vielen aber die VR-Systeme der 1980er- und 90er-Jahre, nicht zuletzt der Virtual Boy von Nintendo. Das grundsätzliche Konzept ist tatsächlich nicht neu, nun ist aber die Technologie erstmals gut genug, dass es auch wirklich funktioniert und auch für normale Nutzer leistbar ist. Frühe VR-Systeme hatten eine massive Latenz, eine niedrige Bildwiederholrate, eine geringe Auflösung, waren schwer, hatten kein mit heute vergleichbares Tracking und die Computer der Zeit taten sich bereits mit simpler Echtzeitgrafik schwer. An Präsenz war damals nicht einmal zu denken.
Heute sind all diese Probleme gelöst, zumindest soweit, dass Präsenz erstmals möglich ist. Stark dazu beigetragen hat die Smartphone-Industrie, die in den letzten Jahren viel Geld in die Forschung und Massenproduktion von immer besserer Displaytechnologie gesteckt hat. Ohne die wären die nun entwickelten VR-Headsets nicht möglich, zumindest nicht für den angestrebten Preis von wenigen hundert Euro. Abgesehen von den technischen Aspekten, gibt es heute viel mehr Rückkhalt in der Spieleindustrie, die Inhalte dafür erstellt. Große Namen wie Valve und Sony stehen voll dahinter, gleichzeitig gibt es aber auch hunderte Indie-Entwickler, die Spiele dafür erstellen. Etwas vergleichbares gab es bei keinem der früheren VR-Headsets.
Ja, bisher konnte man bei allen VR-Prototypen von allen Anbietern eine Brille darunter tragen, es ist deshalb sehr wahrscheinlich, dass das auch bei der Consumer Version so sein wird. Es ist allerdings Vorsicht geboten, damit man mit dem harten Brillenrahmen nicht die Linsen des Headsets zerkratzt.
Nein! Das ist der maximale Bereich, der mit den beiliegenden zwei Basisstationen getrackt werden kann. Man kann es natürlich auch verwenden, wenn man weniger Platz hat oder auch einfach nur im Sitzen, so wie die Oculus Rift. Das ist also eine zusätzliche Option für Enthusiasten, die einen ganzen Raum dafür widmen wollen, keine Mindestvoraussetzung.
Direkt aufgenommenes Bildmaterial von den Oculus Rift Devkits hat einige bestimmte Eigenschaften: Die Aufnahme ist in der Mitte geteilt, man sieht links und rechts zwei leicht versetzte Perspektiven. Außerdem ist es etwas verzerrt und die Farben wirken falsch (chromatische Aberration). Das alles hat damit zu tun, dass die im Headset verwendeten Linsen das Bild verzerren und die Farben verfälschen. Damit es am Ende trotzdem richtig aussieht, verzerrt man das Bild beim Rendern genau in die andere Richtung, man kompensiert also dafür.
PS:
Bei dem Farbwürfel war ich mir erst nicht sicher, welche beiden Quadrate gemeint sind...da die 2 "Logischen" so unterschiedlich sind (braun und gelb), dass sie unmöglich gemeint sein konnten...also dachte ich erst, das obere braune und das rechte braune Quadrat (welches perspektivisch verzerrt ist) seien gemeint...wobei mir kaum ein Unterschied auffiel.
Fühlte mich schon veralbert.
Schon witzig, wie leicht wir uns täuschen lassen.
Bin gespannt, was uns alles im November erwartet.
Wenn uns da mal ein möglicher 3.Weltkrieg nicht die Tour versaut...Virtual Reality zum greifen nah und upps...die Amis zetteln nen Krieg in Europa an...
Wenn schon nicht die Medien & Politiker dem Einhalt gebieten, müssen's die Zocker richten!
Applaus. Danke für diesen tollen Artikel.
Ansich wusste ich das alles schon, finde aber toll, dass du das nochmal für interessierte User zusammengefasst hast.
Was heisst denn hier reiche?
Gute Hardware hat schon immer mehr gekostet. Und wenn das Vive das beste am Markt ist, ist das auch ok.
Und wenn man schaut, was manche Leute in ihr Gaming Hobby stecken, dann passt das doch
Ich würde auf ca. 600 Euro wetten. Allerdings ist das natürlich nur ein Bauchgefühl. Man darf hier nicht vergessen, dass Oculus da "nur" die Brille liefert (bei den genannten 300 - 400 Euro die das Teil kosten soll). In Crescend Bay (und wohl auch in der Consumer Version) haben wir hier 2 Displays, die Kamera zum tracken und die Sensoren an der Brille + ein bisschen Plastik.
Beim Vive ist das mehr in der Kombination. Nämlich alles oben genannte + die Controller. Und anstatt der Kamera eben die Lighthouse-Tracker.
Ich habe einen PC vom Zustand her 2009 - also kein DirectX 11. Muss man für VR generell einen High-End PC haben oder kann man auch mit niedriger Auflösung auskommen ohne das die dreidimensionalität darunter leidet?
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