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Kolumne
Steam ist nicht der Tod des PC
31.05.2010 | 15:00 Uhr | von Trineas
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Heute bin ich auf der deutschen Spielewebsite PCGames.de auf eine eigenartige News gestoßen. Eigentlich sprang mir der Titel ja sofort ins Auge, der lautete nämlich "Fünf Gründe, weshalb Valves Service die PC-Spiele-Industrie ruinieren könnte". Was sich hinter dieser Überschrift verbarg, war ein Blog-Posting, das der News-Redakteur von PCGames.de relativ unreflektiert übernommen und übersetzt hat. Ich habe mir natürlich auch den Original-Artikel durchgelesen, geschrieben wurde dieser vom Gründer der Branchenwebsite Gamesbrief, Nicholas Lovell.
Und dort wird zu Beginn gleich vor einem gewarnt: Valve wird zu einem gefährlichen Monopolisten. Man sei quasi im Schlaf überrascht worden und zum dominaten Plattformbetreiber für den PC geworden. Und das sei eine furchtbare Nachricht für die PC-Spieleindustrie. Warum ist das so wichtig, fragt der Blogger als nächstes, nur um seine eigene Frage dann selbst mit fünf von ihm aufgestellten Thesen zu beantworten. Bevor ich auf diese Punkte eingehe, muss ich aber noch eine andere Aussage zitieren: "Um das klarzustellen, ich sage nicht, dass Valve irgendetwas davon zur Zeit macht."
Ein toller Satz. Er gibt dem Autor die Möglichkeit, wirklich alles zu schreiben, ohne irgendetwas begründen zu müssen. Wisst ihr schon das Neueste über Google? Die könnten in jedes Neugeborene Computerchips einpflanzen und sie dann rund um die Uhr überwachen! Aber um das gleich klarzustellen: Ich sage nicht, dass Google das zur Zeit macht. Ihr seht, worauf ich hinaus möchte, denke ich. Wenn ich mich so einem Thema nähere, dann anhand von Fakten. Gab es in der Vergangenheit Hinweise, die Anlass zur Spekulation geben? Was sagen die, die direkt involviert sind? Das ist meine Ebene für dieses Thema. Die sorgt halt nicht für so tolle Headlines (die bei mir übrigens gewirkt hat, immerhin hab ich draufgekllickt), aber damit kann ich leben.
These 1: Monopole ersticken Innovationen im Vertrieb
Als Beispiel werden dann Google (ja, die mit den Babychips) und Facebook angeführt, die so weit vorne sind, dass sie kein anderer mehr einholen kann. Grundsätzlich stimmt das natürlich, Monopole sind schlecht für den Konsumenten. Doch gibt es dieses Monopol überhaupt? Wir reden vom Internet und von PCs. Jeder kann mit wenig finanziellem Aufwand ein Spiel auf dem PC veröffentlichen und es online anbieten. Wo ist die Einstiegshürde?
Allein in den letzten paar Monaten wurden zwei neue Distributionsplattformen gestartet, zahlreiche andere wie Direct2Drive, GamersGate, Gamesload und Impulse existieren seit Jahren. Wo ist hier das Monopol? Ein Marktführer ist nicht automatisch ein Monopolist.
These 2: Monopole ersticken Kreativität
Wenn Steam ein Monopol hat, schreibt Lovell, entscheidet Valve welche Spiele wir sehen. Er verweist dabei auch auf den Umstand, dass Valve seine Macht ausnutzen könnte, um Spiele, die in Konkurrenz zu den eigenen stehen, nicht zu vertreiben. Dieser Vorwurf ist nicht neu, bereits im Herbst letzten Jahres hatte Gearbox-CEO Randy Pitchford ähnliches von sich gegeben. Doch was sind die Fakten? Red Orchestra war eines der ersten Third Party-Spiele auf Steam und steht als 2. Weltkriegsspiel in direkter Konkurrenz zum nur wenige Monate davor veröffentlichten Day of Defeat: Source. Ironischerweise vom selben Entwickler kommt Killing Floor. Das Spiel wurde kurz nach Left 4 Dead veröffentlicht und in Reviews nicht nur einmal damit verglichen.
Um fair zu sein muss man allerdings sagen, dass Valve sehr wohl bereits Spiele abgelehnt hat. Dabei handelte es sich vor allem um kleine Indie-Games. Diese hätten allerdings ohne Steam ohnehin nie eine Chance auf einen Publishingvertrag gehabt. Selbst wenn Steam von heute auf morgen verschwinden würde, würden diese Spiele nicht davon profitieren. Außerdem ist das nun einmal die Realität, in der wir leben.
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Wenn ich ein Produkt herstelle, kann ich auch nicht erwarten, dass es Aldi und andere große Handelsketten am nächsten Tag in ihre Regale stellen und ich somit sofort zig Millionen potentielle Kunden erreiche.
These 3: Die Kleinen haben keine Chance
Been there, done that. Erneut ein Vorwurf, den wir bereits von Randy Pitchford kennen. Die Indie-Entwickler würden bereits auf der Konsole benachteiligt werden und der PC wäre ihr Rettungsboot. Ein Monopol von Steam könnte ihr Aus darstellen, so der Vorwurf. Und wie? Das wird nämlich nicht beantwortet, da heißt es nur "wenn es nicht mehr kostendeckend wäre, sie zu unterstützen". Entweder macht ein Spiel Gewinn oder es macht Verlust, da muss niemand jemanden unterstützen. Oder anders gefragt, wer unterstützte sie denn bisher, als es noch kein Steam gab? Im Gegenteil, Steam hat vielen Indie-Entwicklern überhaupt erst die Möglichkeit gegeben, eine große Audienz zu erreichen. Wer hätte denn ohne Steam jemals von Audiosurf oder Darwinia gehört?
Introversion, die Entwickler von Darwinia, würden heute nicht mehr existieren, wenn es Steam nicht gegeben hätte. Ähnliche Worte fand auch Tripwire-Chef Gibson, der die Expansion des Indie-Studios ausschließlich durch die Einnahmen aus Steam-Verkäufen finanzieren konnte.
These 4: Steam hat die ganze Macht über die Preise
Auch hier wird der Vorwurf vor allem mit Indie-Spiele verknüpft. Denn Valve könnte ja sagen: "Dein Spiel verkauft sich nicht ohne uns, wir wollen einen höheren Anteil." Tatsache ist allerdings, dass Valve mit die geringsten Gebühren verlangt, wie von World of Goo-Entwickler Ron Carmel bestätigt wurde. Tripwire-Gründer John Gibson attestierte Valve sogar, dass sie ihm den besten und saubersten Vertrag aller Distributionspartner angeboten hätten, während die der Steam-Konkurrenten voll mit "Landminen" und Kleingedrucktem waren.
These 5: Valve tut nichts für den PC als Plattform
Microsoft, Sony und Nintendo würden viel Geld ausgeben, um ihre Plattformen zu bewerben und zu verbessern. Steam tut das aber nicht für den PC. So lautet der letzte Grund, wieso Steam die Spieleindustrie ruinieren wird. Möglicherweise ist das auch der bizarrste Grund.
1. | Der PC ist nicht Valves Plattform, er gehört ihnen nicht. Und ist es nicht genau das, wovor der Autor die ganze Zeit warnt, das große böse Steam-Monopol? Und jetzt will er den PC auf einmal mit Steam gleichsetzen? | 2. | Sony, Microsoft und Nintendo bekommen von jedem verkauften Spiel einen Anteil, Valve bekommt nicht von jedem verkauften PC-Spiel diesen Anteil, sondern nur wenn er direkt über Steam verkauft wird. (Und da wird Valve für das Bereitstellen der Distribution bezahlt, nicht weil ihnen die Plattform gehört. Und Steamworks ist kostenlos.) | 3. | Hat Valve den PC immer wieder beworben und sich positiv dazu geäußert. | 4. | Hat Steam Features, die das Spielerlebnis am PC sehr wohl verbessern - Stichwort Auto-Updates, Steam Cloud, Community-Funktionen, und weitere. Um diese zu entwickeln, musste Valve sehr wohl Geld hineinstecken. | | Ich selbst bin ein großer Fan von Steam und würde mir wünschen, dass es sich noch stärker durchsetzt. Und ich sehe Steamworks tatsächlich als etwas, was den PC als Spieleplattform gut tun würde. Meine Gedanken dazu hab ich hier ausführlich niedergeschrieben. Doch ich glaube auch an Konkurrenz und, dass sich das beste Angebot durchsetzen sollte. Zur Zeit scheint Steam einfach alles richtig zu machen und ist deshalb meiner Meinung nach verdient Marktführer, das kann sich allerdings auch schnell ändern, wenn sie beginnen, Mist zu bauen. Genau das wird auch entscheiden, ob Steam der PC-Spieleindustrie gut tut oder ihr schadet, nicht irgendwelche wilden Spekulationen ohne Grundlage von Fakten. Und momentan ist es offensichtlich ersteres.
von Trineas
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Links:
- News auf PCGames.de
- Original-Artikel auf Gamesbrief.com
Weitere Artikel:
- Die War Z-Problematik (22.12.2012)
- Steam und die Abmahnung (18.09.2012)
- Valves Politikwechsel (14.07.2012)
- Steam für das Wohnzimmer? (01.03.2011)
- Valve gegen Valve (10.11.2009)
- Steam: Rette den PC! (26.08.2009)
- Steam und der Weekend Deal (17.04.2009)
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