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Forum > Community > Art Board > [Kurztextsammlung] Impressionen
Status: Offen
13 Beiträge
Letzter Beitrag Seiten (1):  [1]


Autor Beitrag
# 1
Lamarr  (33)
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Ichthyosaur
10.034 Punkte
Dabei seit: 28.11.2004
2.897 Beiträge
[Kurztextsammlung] Impressionen
Wie Ihr sicher bemerkt habt, geht es zur Zeit mit Möbelhaus nicht wirklich voran.
Das liegt daran, dass ich im Moment keine Ideen und wenig Lust auf die Geschichte habe. Das kommt vor und kann sich ändern.
Allerdings habe ich seit kurzem umso mehr Lust, bestimmte Stimmungen einzufangen.
Die geschieht in Kurztexten.
Diese werde ich hier nun in kurzen Abständen hier veröffentlichen.
Und: "Kurztexte" meint in diesem Fall WIRKLICH kurz.


Übersicht
Lebkuchen im September
An der Heizung
Spät Abends
Der Dubstep-Keller - Teil 1
Duschmusik
In den Eibengärten
Nasser Beton
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[Beitrag wurde 1x editiert, zuletzt von Lamarr am 07.01.2011, 17:49]
25.09.2010, 00:01 Uhr Anzeigen
# 2
Lamarr  (33)
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Ichthyosaur
10.034 Punkte
Dabei seit: 28.11.2004
2.897 Beiträge
Lebkuchen im September

Ich erwachte kurz nach Zwölf, die Bettdecke wirr um mich geschlungen und spürbar verschwitzt. Es herrschte eine stickige Hitze im Zimmer, doch draußen heulte der Wind. Regen peitschte unablässig gegen die Scheibe und eine klamme Kälte pochen mit diffusen Fingern an die Fensterscheiben.
Langsam setzte ich mich im Bett auf, warf die Decke von mir und trat ans Fenster, dessen Innenseite an den Ecken sichtlich beschlagen war. Ich ließ meinen Blick nach draußen auf die regennassen Straßen schweifen, wo sich auf rundem, von unzähligen Schulsohlen poliertem Kopfsteinpflaster das Licht gelber Autoscheinwerfer wiederspiegelte. Der Himmel war von einem klumpigen Grau, das jeden Sonnenstrahl restlos verschluckte.
Ich presste die Hand an die Scheibe, die sich so feucht und glatt wie ein Eisblock anfühlte – nur kälter. Plötzlich hörte ich Schritte hinter mir und meine Mutter trat ins Zimmer.
„Ich habe dir Lebkuchen mitgebracht.“, sagte sie mit brüsker Stimme. Wortlos nickte ich.
Lebkuchen, dachte ich.
Lebkuchen im September?
Zweifellos, es war Herbst.
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CS:GO Server: 194.97.164.191:27015
[Beitrag wurde 3x editiert, zuletzt von Lamarr am 26.09.2010, 14:06]
25.09.2010, 00:02 Uhr Anzeigen
# 3
Lamarr  (33)
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Ichthyosaur
10.034 Punkte
Dabei seit: 28.11.2004
2.897 Beiträge
An der Heizung

Wenn man morgens aufwacht und es schon beinahe zwölf Uhr ist; draußen Spätsommer, schon beinahe Herbst, und Licht fällt durch die Markise und wird gelb.
Man steht dann leicht benommen auf, setzt sich an den Schreibtisch und legt die Hände ins Gesicht. Im Zimmer ist es dann ruhig.
Das einzige Geräusch ist das beständige Pumpen der Heizung, die man am Abend zuvor zu hoch eingestellt hat. Die Heizung ist dunkelbraun und produziert eine ganz eigene Art von Wärme, die sich wenig, aber doch deutlich von jener Wärme unterscheidet, die von der Herbstsonne durch die Fenster getrieben wird:
Es ist eine stickige, dampfige Wärme, die den abgestandenen Geruch alter Teppichfasern in sich trägt.
Es ist der Hauch eines feuchten Kellers, der unter dem Tisch hervor einem bis in die Nase kriecht.
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[Beitrag wurde 1x editiert, zuletzt von Lamarr am 26.09.2010, 14:06]
26.09.2010, 14:06 Uhr Anzeigen
# 4
omaboy  (31)
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Bullsquid
1.614 Punkte
Dabei seit: 23.09.2007
421 Beiträge
Sehr interessant. Mal was anderes... :)
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26.09.2010, 14:18 Uhr Anzeigen
# 5
Lamarr  (33)
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Ichthyosaur
10.034 Punkte
Dabei seit: 28.11.2004
2.897 Beiträge
Spät abends

Es ist dieses Gefühl, spät abends am PC.
Direkt über dem Kopf: Das Dachfenster. Unermüdlicher Herbstregen erzeugt ein unablässiges Prasseln, das von den Ohrmuscheln des Kopfhörers abgedämpft wird.
Aus den Ohrmuscheln: Das Schnurren einer Katze.
Draußen Herbst, innen Heizung – maximale Gemütlichkeit; natürlich spät abends.
Der Wein ist bereits getrunken, das Essen bereit gegessen. Die Reste räumt ein anderer weg.
Niemand ist im Raum, aber das Licht ist hell.
Obwohl niemand da ist, obwohl die Straße draußen still und dunkel ist, weiß ich genau:
Irgendwo sind andere.
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Forum Member since 2004[/font]
CS:GO Server: 194.97.164.191:27015
27.09.2010, 19:31 Uhr Anzeigen
# 6
Lamarr  (33)
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Thread-Starter
Ichthyosaur
10.034 Punkte
Dabei seit: 28.11.2004
2.897 Beiträge
Der Dubstep-Keller – Teil I

Die Abendvorlesung endete erst kurz nach acht Uhr, fast eine Stunde später als geplant. Dadurch verpasste ich den Zug, und musste den nächsten nehmen, der allerdings erst viel später kommen würde – den Nachtzug.
Die U-Bahn-Station kannte ich gut, schließlich war ich dort jeden Tag unterwegs. Was hat man schon für eine Wahl als Student ohne Führerschein? Mit dem Abendlicht im Rücken schritt ich die Stufen hinab, steckte mir die Kopfhörer ins Ohr und schaltete den Kopf ab, die Musik ein. Harter Bass.
Richtig bewusst wurde ich mir meiner Lage erst, als ich plötzlich vor einer Wand stand, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Ich riss die Kopfhörer aus meinen Ohren, was ein leises „Plop!“ erzeugte, und sah mich verwirrt um.
Vor mir: Weiße Kacheln. Zu meiner Linken: Ein langer Gang, der sich nach ungefähr zwanzig Metern ein weiteres Mal gabelte. Zu meiner Rechten: Exakt dasselbe Bild wie links.
Ich lachte und sah nach hinten. Die Treppe die hinter mir lag war lang und ich kannte sie nicht. Leise flüsterte ich „What the fuck“, eine Phrase, die ich mir eigentlich zu verkneifen vorgenommen hatte, aber es gab Situationen, da ging es einfach nicht ohne.
Wann hatte ich mich begonnen zu verlaufen? Ich hatte keine Ahnung. Auf jeden Fall war das nicht der Weg, der mich zur U-Bahn bringen sollte. Ich sagte mir selbst, reg dich nicht auf, du wirst garantiert einen Wegweiser finden. Umzudrehen wäre lächerlich gewesen. Spontan entschied ich mich für Rechts.
Die nächsten zwanzig Minuten verbrachte ich damit, mit wachsender Panik durch monoton weiß gekachelte und mit kaltem Neonlicht beleuchtete Gänge zu irren. Meine Panik wuchs exponentiell und nach gerade einmal fünf Minuten hatte ich bereits angefangen zu rennen. Ich sah niemanden. Auch von der U-Bahn war nichts zu hören – nicht einmal Vibrationen drangen durch den Boden zu meinen Füßen, wie es normalerweise schon weit vor dem Erreichen der Station der Fall war.
Die Angst benebelte mich total, ich geriet schnell aus der Puste. Meine nächste Erinnerung:
Ich stand auf einmal vor einer weiteren Treppe, die steil abwärts führte. Mit Wegweiser! Über ihr war ein Schild angebracht, das in nüchternen, schwarzen Buchstaben verkündete „Dubstep-Keller“. Aus dem Treppenabgang drangen dumpfe Bässe zu mir, die man kaum hören, sondern eher in der Magengrube fühlen konnte.
„Das ist ein Witz, oder?“, hörte ich mich sagen. Trotzdem stieg ich ab. Ungefähr eine Stunde später war ich unten.
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Forum Member since 2004[/font]
CS:GO Server: 194.97.164.191:27015
27.09.2010, 21:53 Uhr Anzeigen
# 7
omaboy  (31)
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Bullsquid
1.614 Punkte
Dabei seit: 23.09.2007
421 Beiträge
Yay, ich wurde literarisch ewig nichtmehr in Surreale Keller geführt. :)

Ich kann kaum auf den nächsten Teil warten!
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27.09.2010, 21:58 Uhr Anzeigen
# 8
Lamarr  (33)
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Thread-Starter
Ichthyosaur
10.034 Punkte
Dabei seit: 28.11.2004
2.897 Beiträge
Duschmusik

Eines Morgens erwachte ich mit klopfendem Herzen und fand mich in einer grotesken Umgebung wieder. Ich wusste sofort, dass es sich nicht um einen Traum handelte.
Ich lag zusammengekauert auf einer Betonplattform, unterhalb der sich ein mehrere Meter tiefer Abgrund befand. Die Plattform selbst war Teil eines großen Raumes, dessen Wände mit weißen, glänzenden Kacheln gedeckt waren.
Meine Kleidung hing mir klamm ab Leib und mit jedem Atemzug konnte ich die enorme, dampfige Feuchte spüren, die mich umgab. Nach vielen Minuten des ungläubigen Liegens, in denen ich krampfhaft meine Fußknöchel umklammerte, setzte ich mich auf.
Ich war alleine. Alleine in diesem Raum, alleine auf dieser Plattform, die genauer gesagt ein Vorsprung der Wand war, von deren weißbräunlichen Kacheln Kondenswasser rann.
Die Wand, das erkannte ich in meiner erhöhten Position nun ganz klar, war Teil eines absurd großen Duschraumes. Links von mir befand sich eine Vielzahl armdicker, verchromter Rohre, die in riesenhaften, gefährlich aussehenden Duschköpfen endeten. Die Rohre erstreckten sich vom Boden des Raumes bis zu seiner Decke; ein Abstand, der mindestens zwanzig Meter betrug. Der Boden verlief zur Mitte des Raumes hin leicht abschüssig, denn dort befand sich ein ebenfalls chromglänzendes Abflussgitter, dass die Wasserströme in sich aufnehmen sollte.
Ich kam mir sehr klein vor.
Als sich die erste Panik und die erste Woge absurden Entsetzens gelegt hatten, begriff ich, was ich zu tun hatte. Vor mir befand sich eine weitere Betonplattform – leicht unterhalb meiner jetzigen Höhe – und komplett frei in der Luft schwebend. Diese an sich unmögliche Tatsache beeindruckte mich jedoch überhaupt nicht; es erschien mir nur logisch.
Während mir der Schweiß in Strömen vom Gesicht lief, begriff ich langsam: Springen war das Einzige, was mich jetzt weiterbringen konnte. Mein Blick schweifte von der Plattform ab und mit jeder weiteren Sekunde vielen mir weitere, entscheidende Details des Raumes auf, die mir bisher entgangen waren: Von der vor mir liegenden Plattform würde ein weiterer Sprung zur nächsten führen, von der wiederum würde es ein leichtes sein, einen Wandvorsprung der linken Wand, ganz ähnlich dem, auf dem ich erwacht war, zu erreichen. Mein Blick wanderte an die Decke, wo sich ein kleiner, rechteckiger Lüftungsschacht befand, in dem ein rotes Licht flackerte. Klein, aber dennoch groß genug, um hindurchzukriechen.
Es gab einen Weg hier heraus.
Und plötzlich, gleichzeitig mit dieser Erkenntnis, setzte eine durchdringende, mitreißende Musik ein, die mich sofort die Muskeln anspannen- und Anlauf nehmen ließ. Ihre Klänge waren elektronisch und feucht.
Ohne sie jemals zuvor gehört zu haben, wusste ich doch sofort: Das ist Duschmusik.
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CS:GO Server: 194.97.164.191:27015
[Beitrag wurde 1x editiert, zuletzt von Lamarr am 28.09.2010, 13:29]
28.09.2010, 13:25 Uhr Anzeigen
# 9
Lamarr  (33)
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Thread-Starter
Ichthyosaur
10.034 Punkte
Dabei seit: 28.11.2004
2.897 Beiträge
In den Eibengärten

Es war einer der späten Herbsttage, die schon zu sehr von Kälte durchdrungen sind, um nicht den Winter roh und unverblümt vorwegzunehmen. Ich beschleunigte meine Schritte, um der Kälte ein Stück vorauszueilen, doch es half natürlich nichts.
Kühle Finger rieben über den Asphalt und versuchten, meinen Trittschall in Bodennähe festzuklammern. Die einsetzende Dämmerung brachte ein gebrochenes Licht, das seltsam grau war – nicht orange, nicht gelb, wie ich es sonst von dieser Uhrzeit gewöhnt war.
Der schmale Weg, auf dem ich lief, war gesäumt von kahlen Obstbäumen. Nur wenige von ihnen trugen noch vereinzelte Blätter und immer dann, wenn man nicht hinsah, konnte man aus den Augenwinkeln erhaschen, wie der scharfe Wind ein weiteres zu Boden riss.
Ein Glück, dass mein Ziel nicht mehr fern war.
Minuten später war ich angekommen: Die Eibengärten. Inmitten dieser kargen Felderlandschaft, von der vereinzelte Parzellen schon vor Jahren aufgegeben worden waren, lag dieses unscheinbare, nur wenigen bekannte Kleinod. Mein schwarzer Lodenmantel wurde vom Wind wellengleich um meine Knöchel geworfen, als ich davor stehen blieb.
Die Eibengärten.
Der Asphaltweg endete direkt am Eingang, welcher nichts Anderes war, als eine Unterbrechung in der meterlangen, sich vor mir erstreckenden Eibenhecke. Gut drei Meter hoch, verdeckte sie die Sicht auf alles dahinterliegende. Wenn ich derart davon erzähle, könnte man sofort an ein Labyrinth denken – ein Labyrinth aus Eibenhecken. Doch das wäre nur die halbe Wahrheit gewesen. Zwar bestanden die Eibengärten zweifellos aus einer unerhört großen Zahl ineinander verschachtelter Eibenhecken, doch handelte es sich dennoch nicht um ein Labyrinth oder Irrgarten, denn ein solcher zeichnet sich vor allem anderen dadurch aus, dass der primäre Zweck darin besteht, den Eindringling in die Irre zu führen oder ihn davon abzuhalten, zur Mitte vorzudringen, wobei sich in dieser nicht selten ein sagenhaftes Objekt der Begierde befindet.
Genau diesem Zweck dienten die Eibengärten nicht. Sie führten den Eindringling geradewegs zu dem, was er sich am sehnlichsten erwünschte; ganz egal, wie unerreichbar dieser Wunsch auch sei und auch unbeachtet davon, dass es für jeden etwas anderes sein könnte.
Meinen Wunsch kannte ich nur zu gut und somit war er auch in den Eibengärten zu finden. Die berechtigte Frage war also nicht, wie ich ihn inmitten der grünen Mauern würde finden können, sondern, ob wer zuerst da war: Der Wunsch, oder die Manifestation im Zentrum der Hecken?
Unwichtig, dachte ich mir.
Unwichtig.
Ich trat ein – wie schon so oft zuvor. Zielsicher wandelte ich durch die Reihen, nahm gezielt Abzweigungen und ignorierte ebenso bewusst Abzweigungen.
Bis mir ein Wegweiser ankündigte, dass ich dem mir so gut bekannten Ziel sehr nahe war:
„Desagio 539126“
Kurz blieb ich stehen und nickte. Dann ging ich am Wegweiser vorbei, ins Zentrum. Ich wusste, dass hinter der nächsten Wegbiegung das kleine Belvedere aus Eibenholz auf mich wartete, wo sich Stimmengewirr und schwerer Pfeifenrauch vermischten.
Gab es einen passenderen Ort, um diese von schwerer Kälte durchdrungenen Herbsttage angenehm zu verbringen?
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28.11.2010, 11:55 Uhr Anzeigen
# 10
geniusjay  (33)
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Hound Eye
154 Punkte
Dabei seit: 05.12.2008
72 Beiträge
mal wieder eine sehr tolle geschichte!

(solltest dir echt mal überlegen, einen sammelband mit deinen geschichten herauszegeben... wäre sicherlich interessant zu sehen wie viel anklang der finden würde....)

ja, der gute alte lodenmantel.... :D
(die schulzeit hatte doch auch ihre schönen seiten...)
30.11.2010, 19:50 Uhr Anzeigen
# 11
Lamarr  (33)
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Ichthyosaur
10.034 Punkte
Dabei seit: 28.11.2004
2.897 Beiträge
Lol, jetzt wo du es sagst! :D Dadran hatte ich beim Schreiben garnicht gedacht. ^^
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CS:GO Server: 194.97.164.191:27015
01.12.2010, 16:50 Uhr Anzeigen
# 12
Lamarr  (33)
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Ichthyosaur
10.034 Punkte
Dabei seit: 28.11.2004
2.897 Beiträge
Nasser Beton
Es war ein Spaziergang am Dreikönigstag, durch die versteckten Gassen der Stadt.
Hinter den herausgeputzten Allen, hinter den Hauptachsen, wo sich eine glitzernde Fassade an die andere drängte, war das Gepräge sehr industriell – funktional und bedrückend schmucklos.
In den letzten Wochen war so viel Schnee gefallen, doch ein einziger Tag Sonnenlicht – brennend weiß und dunstig – hatte genügt, um die Schmelze einsetzen zu lassen.
Ich lief dicht neben der Waschbetonfassade eines leeren Parkhauses, dass an eine stillgelegte Chemiefabrik anschloss. Aus dem Dunkel der Etagen, das sich über viele Nächte, in denen der Lärm stets nur aus der Ferne gekommen war, mehr und mehr verdichtet hatte, drang ein eigentümliches Plätschern und Gluckern.
Schmelzwasser.
In langsamen, durchsichtig klaren Strömen rann es von der Betonfassade der Fabrik.
Es tropfte von rostigem Stahl, von Stromkabeln, von losen Dachkandeln, von bemoosten Schindeln, von Mauervorsprüngen, von verwelkten Hecken, von in Form gegossenem Sand – und sammelte sich in vielen, kleinen Pfützen, die früher oder später zu einem schmutzigen See werden würden, dessen Grund der vom Schmutz geschwärzte Asphalt war.
Es war der Geruch, der mich innehalten ließ:
Der Geruch von nassem Beton. Gebundener Sand, in kubischen Formen erstarrt, von Flechten gesprenkelt, von Abgas gedunkelt, von Hammerschlagen zerrüttet und nun von hunderten, tausenden Rinnsalen schmelzenden Wassers ausgewaschen. Eine schleichende Feuchte, die Hand in Hand mit der Vielheit an Jahren im Begriff war, all das rund zu schleifen und zu zermürben, was als ewigunrund und unerschütterlich galt.
Ein schleichender, für das Auge nahezu unsichtbarer, aber unaufhaltsamer Prozess.
Ich senkte den Kopf und lauschte weiter. Das Plätschern, das Gluckern, das nun von überall her zu dringen schien, zerstreute alle Zweifel: Irgendwann würde die Dunkelheit ihre mürbe gewordenen Mauerfesseln sprengen.
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[Beitrag wurde 1x editiert, zuletzt von Lamarr am 07.01.2011, 17:44]
07.01.2011, 17:44 Uhr Anzeigen
# 13
Lamarr  (33)
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Ichthyosaur
10.034 Punkte
Dabei seit: 28.11.2004
2.897 Beiträge
Im Treppenhaus
Ich befinde mich in einem schmalen Treppenhaus, das nur schwach von der Mittagssonne erhellt wird, die durch die gelben Glasfenster fällt. Es ist sehr staubig, sodass man in den einfallenden Lichtstrahlen die Staubflocken tanzen sehen kann.
Die Stufen sind aus dekorativem Beton, in den farbige Kiesel eingearbeitet sind. Man kann erkennen, dass diese Treppen schon sehr lange existieren, denn zur Mitte hin haben sich dunkel verfärbte Trittmulden gebildet.
Ein Treppengeländer schützt vor dem Fall in unbekannte Tiefen. Es besteht aus unterschiedlich dicken Metallstäben, die den wulstigen, aus braunem Plastik gefertigten Handlauf tragen. Wie auch den Stufen sieht man ihm die lange Benutzung deutlich an.
Auf der marmornen Fensterbank, direkt unter dem gelben Fenster, steht eine Blumenvase ohne Inhalt, direkt daneben eine kleine Plastikgießkanne, die einmal orange gewesen sein muss.
Ich nehme sehr deutlich den Duft dieses Ortes wahr: Alter Staub, sauer gewordener Beton und Stille.
Hinter mir liegt eine hölzerne Eingangstür. Es ist möglich, dass sich dahinter eine Wohnung verbirgt. Bei genauerer Betrachtung erkenne ich aber, dass über dem runden Klingelknopf kein Namensschild mehr hängt – man sieht nur noch vergilbte Papierstreifen, was den Anschein erweckt, dass das Schild vor langer Zeit abgerissen wurde.
Ich wende mich ab und gehe zum Geländer, schaue nach oben ins Treppenhaus. Im immer gleichen Muster schraubt sich die eckige Spirale nach oben. Kein Ende in Sicht.
Etwas zögerlich beginne ich dann, die Treppen hinauszusteigen. Das Wiederhallen meiner Schritte klingt wegen der Größe des Treppenhauses wie aus weiter Entfernung kommend und auch etwas verloren.
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15.01.2012, 17:37 Uhr Anzeigen
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