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Forum > Community > Art Board > [Geschichte]Die geheime Passion des Hussano
Status: Offen
12 Beiträge
Letzter Beitrag Seiten (1):  [1]


Autor Beitrag
# 1
Lamarr  (33)
Nachricht offline
Ichthyosaur
10.036 Punkte
Dabei seit: 28.11.2004
2.897 Beiträge
[Geschichte]Die geheime Passion des Hussano
Nach langer Zeit gibt es wieder eine Geschichte von mir - und zwar eine komplett fertige! Keine Fortsetzungen, kein Warten.
Ich habe hier noch eine Fortsetzungsgeschichte offen - "Möbelhaus" - an der ich ewig nicht gearbeitet habe. Was ich daraus gelernt habe, ist, dass ich künftig besser nur fertige Sachen posten sollte.
Und so wird es hoffentlich auch in nicht allzu ferner Zukunft mit einer längeren Geschichte passieren. :)

Jetzt wünsche ich viel Spaß beim Eintauchen in eine kranke, groteske Welt, die von einem noch verstörenderen Protagonisten bevölkert ist - Hussano.



Die geheime Passion des Hussano


In seiner Funktion als Amtsperson hatte Hussano nicht viel Freizeit. Jeden Tag arbeitete er von 04:30 Uhr bis 20:00 Uhr auf dem Amt, genauer gesagt im dortigen Aktenarchiv, wo er bereits seit vielen Jahren mit der Aufgabe betraut war, amtsinterne Anträge der Kategorien C und B zu archivieren – eine Aufgabe, die er stets mit höchster Zuverlässigkeit und mit unermüdlichem Einsatz bewältigte. Aus diesem Grunde erhoffte er sich bereits seit geraumer Zeit, dass man von höherer Stelle seinen Befugnisbereich auch auf das Archivieren amtsinterner Anträge der Kategorie A ausweiten würde, was sozusagen einer Beförderung gleichkäme. Doch dieser Wunsch war ihm bislang versagt geblieben, weswegen er Tag für Tag versuchte, noch engagierter und konzentrierter bei der Sache zu sein.
Das war im Grunde nicht schwer – es gab in seinem Leben nichts außerhalb der Arbeit, was ihn unnötig von seiner höchstwichtigen Aufgabe abgelenkt hätte. Das lag zunächst einmal daran, dass er, wie bereits erläutert, nur sehr wenig Freizeit hatte. Der maßgebliche Grund war allerdings die schlichte Tatsache, dass er praktisch keine Hobbies oder Interessen besaß, mit denen er die wenigen Stunden zwischen Heimkunft und Zubettgehen hätte ausfüllen können.
Für Gewöhnlich erreichte er gegen 20:34 Uhr mit seinem Kraftfahrzeug seine Privatwohnung, in welcher er dann zuallererst ein kleines, aber nährstoffreiches Mahl zu sich nahm (Essen war innerhalb des Amtes nicht erlaubt) um sich dann seiner persönlichen Körperhygiene zu widmen. Nur wenig später ging er zu Bett.
Einmal in der Woche machte er einen kurzen Rundgang durch seine kleine Wohnung, um eventuelle Verschmutzungen zu beseitigen, oder er setzte sich – deutlich seltener – mit einem Stuhl zur Erheiterung an sein einziges Fenster, von dem aus er auf den Hinterhof einer seit mehreren Jahren stillgelegten Galvanisierungsfabrik blicken konnte. Ohne zu wissen warum, erheiterte ihn dieser Anblick ungemein, auch wenn er sich gelegentlich darüber ärgerte, dass die mit dem nutzlosen Hinausschauen verschwendete Zeit in Schlaf besser angelegt gewesen wäre.
Andere, unregelmäßige Abwechslungen in seinem Alltag waren äußerst selten. Alle sechs Monate begab er sich zu einem Kleidungsgeschäft und kaufte sich neue Arbeitskleidung, denn die Kleidungsvorschriften des Amtes schrieben strengstens eine gepflegte Erscheinung vor. Auch die Form und Farbe der Textilien war klar vorgegeben: Ein grauer Anzug aus Baumwollstoff mit ebenso dazu passender Hose hatte es zu sein. Hussano gefiel dieser Kleidungsstiel, denn Grau war ohnehin seine Lieblingsfarbe.
Einmal pro Jahr ereignete sich es auch, dass er turnusgemäß zu einem Kontrollgespräch mit einem ihm gegenüber höher gestellten Amtsbediensteten beordert wurde. Auch wenn er genau wusste, dass man keine Einwände gegen die Sorgfältigkeit seiner Arbeit erheben können würde, war er vor diesem Routinegespräch immer über Wochen hin angespannt. Immerhin war es die einzige Gelegenheit im Jahr, zu der er überhaupt einem weiteren Mitarbeiter des Amtes von Angesicht zu Angesicht gegenübertrat.
Doch abseits all dieser Aktivitäten und Aktionen, die trotz ihrer relativen Seltenheit doch überwiegend einem regelmäßigen Schema unterlagen – Regelmäßigkeit war einer der Dinge, die Hussano am höchsten Schätzte – gab es noch etwas, dass er soweit es ging vor sich selbst verschwieg. Manchmal, in stillen Momenten im Amt, wenn seine Konzentration beim Sortieren und Archivieren von amtlichen Dokumenten nachließ, schweiften seine Gedanken für einen kurzen Moment ab, und gelangen sofort zu jener verabscheuungswürdigen, aber doch so reizvollen Sache. Wenn dies geschah, rief er sich umgehend selbst zur Ordnung und verzichtete als Maßnahme der Selbstbestrafung aus das Glas Wasser, das ihm an jedem Arbeitstag erlaubt war – genau betrachtet eine törichte Maßnahme, denn der wachsende Durst lenkte seine Gedanken dann umso mehr in unerwünschte Richtungen.
Es gab Abende, wo er in seinem Bett lag, welches über keine Kissen und keine Decke verfügte und sich letztendlich – in der schützenden Dunkelheit seiner Schlafkammer – doch gestattete an das zu denken, was er hin und wieder tat. Häufig waren es auch jene Abende, die einem neuerlichen Nachgeben des Dranges vorausgingen. Und so geschah es erneut an einem Novembertag in einem unbedeutenden Jahr.
Hussano, der sonst nur von seiner Arbeit im Amt träumte – wobei diese Träume überraschenderweise nicht selten sehr beängstigend waren, da er zum Beispiel die Aktenschränke des Archives ins Unendliche gewachsen sah und sie ihn bedrängten, wobei er nicht mehr herausfand, wie aus einem Labyrinth – träumte er in dieser Nacht zum ersten Mal seit langer Zeit von der Sache, von seiner geheimen Leidenschaft. Wie er die Autobahn entlangfuhr und dann auf den Rastplatz einbog, sich hektisch umsehend… So war es schon oft geschehen und so würde es wieder geschehen. In der seltsamen Zone zwischen morgendlichem Schlaf und Erwachen, bevor er sich auf den Weg zu seiner Arbeit im Amt machte, wusste er, dass er sich noch am selben Abend wieder in seinen Wagen setzen würde.
Hussano sollte recht behalten.

~~~

Als er um 20:01 Uhr das Amtsgebäude verließ, schüttelte er den Kopf, aus Entsetzen über sich selbst. Noch nie war er so unkonzentriert bei der Arbeit gewesen wie am heutigen Tage. Verschämt blickte er über die Schulter auf das graue, drohend aufragende Amtsgebäude, in dessen Keller das Archiv lag. Dort arbeitete er, schon seit so vielen Jahren. Und noch niemals – niemals! – waren ihm Fehler unterlaufen – bis heute. Was an diesem Tage geschehen war, war ungeheuerlich: Da er es selbst mit größten Anstrengungen nicht vermocht hatte, seine Gedanken beisammen zu halten, hatte er eine Akte – das höchstwichtige Formular 112a, welches nur von den höchsten Amtsbediensteten eingesehen werden dufte – in ein falsches Fach einsortiert. Und zwar ausgerechnet in jenes, das für die Archivierung amtsinterner Anträge zur Erteilung dienstrechtlicher Genehmigungen zur persönlichen Optimierung arbeitsrelevanter Arbeitsmaterialien unter Gesichtspunkten räumlicher Anordnung am amtseigenen Arbeitsplatz – kurz A.z.E.d.G.z.p.O.a.A.u.G.r.A.a.a.A. – ein völlig alltägliches und vergleichsweise unwichtiges Formular, das aber verhängnisvollerweise die Formularnummer 113a trug und so leicht verwechselt werden konnte.
Selbstverständlich hatte er den Fehler umgehend beseitigt, aber noch während er das getan hatte, waren seine Gedanken schon wieder auf der Autobahn.

Zu Hause angekommen legte er sich sofort ins Bett. Da die Nacht noch nicht vollständig hereingebrochen war, zog er die Jalousie seiner Schlafkammer fest zu, in der Hoffnung, dass die vertraute, liebgewonnene Dunkelheit ihn von seinem unsäglichen, zwanghaften Vorhaben abbringen möge. Doch an Schlaf war nicht zu denken.
Hussano wand sich in Qualen auf seiner harten Matratze. Was er auch tat, es gelang ihm nicht, die Gedanken an die nächtliche Autobahn, an die zahlreichen Rastplätze, und das, was ihn dort erwartete, zu vertreiben. Da er diese Situation schon mehrfach erlebt hatte – wie oft, dass wagte er sich nicht einzugestehen – wusste er, dass alles Verdrängen keinen Zweck haben würde. In der Dunkelheit schlich sich die grausame Gewissheit an, dass dieses Empfinden, was er in exakt diesem Moment erlebte – diese Gedanken und diese Handlung, auf die sie abzielten – möglicherweise das einzig reale in seinem Leben sein könnte.
Letztendlich stieg er zittern aus seinem Bett. Verschwitzt und verkrampft nach dem Lichtschalter tastend fühlte er sich elend, aber zugleich auch lebendiger als sonst.
Nur wenige Minuten später saß er in seinem Wagen.
Nüchtern betrachtet war er jetzt nicht mehr er selbst – er war nicht mehr Hussano, die Amtsperson, denn all das, was deren Charakter ausmachte, war nun aus seinem Kopf verschwunden. Alles Zögern, alle Zweifel waren verschwunden. Das Amt war verschwunden.
Die Autobahn war leer, er begegnete keinem Menschen. Im grellen Lichtkegel vor ihm sauste die Fahrstreifenmarkierung vorbei und wies den Weg in die Ungewissheit.
Nach langer Fahrt – Dreißig Minuten? Eine Stunde? Eine ganze Nacht? – bog er in einen Rastplatz ein, den er nicht kannte. Er wurde von wenigen Natriumdampflampen beleuchtet, die alles in ein fiebriges Gelborange tauchten, was jegliche Farben auslöschte.
Es war eine Tankstelle mit angeschlossenem Kiosk. Hussano betankte seinen Wagen nicht. Er stellte ihn auf einen der zahlreichen freien Parkplätze (er war der einzige nächtliche Besucher dieses Rastplatzes) und ging geradewegs auf das Kiosk zu.
Die Kasse war besetzt von einem alten, verhärmt aussehenden Mann, der in den Farben der Tankstellenkette gekleidet war. Als Hussano an ihm vorbeiging, sah er nicht auf, denn er hielt ein Buch in der Hand, in dem er offenbar konzentriert las. Hussano registrierte ihn ohnehin nur aus den Augenwinkeln, denn der Sog, der ihn jetzt zu seinem Ziel trieb, war jetzt überwältigend stark.
Hussano trat auf die rote Tür mit der Aufschrift „WC“ zu und ging durch sie hindurch.
Ein großer Raum, hell erleuchtet, der Boden grau gekachelt, die Wände beige gestrichen.
Zu Hussanos Linken befanden sich zahlreiche Spiegel und Waschbecken, zu seiner Rechten Toilettenkabinen. Ihre Türen hingen leicht schief, dies war ein alter Ort. Aus einem Lautsprecher an der Decke drang leichte, etwas verträumt klingende Musik. Hussano lächelte und wand sich dann nach links – dort war, was er suchte, was er immer wieder aufsuchte, um es dann zu verdrängen, wenn er wieder er selbst geworden war, wenn er dem Drang nachgegeben hatte, bereit, erneut zu vergessen.
Dort, links vom ersten Waschbecken.
Das Handtrocknungsgebläse.
Hussano hatte schon so viele Rastplätze aufgesucht, so viele Autobahntoiletten – so viele Handtrockner. Oft sahen sie sich ähnlich, aber noch nie hatte er zwei völlig identische Exemplare angetroffen. Jedes war für sich gesehen einzigartig – nicht selten gekennzeichnet von Verfall und langer Benutzung, beschmiert, bekritzelt und verdreckt. Diese Exemplare mochte er am liebsten.
Er beugte sich herab, sodass der Handtrockner sich genau auf Augenhöhe befand. In seinem Kopf brauste es. Er erkannte die roten Buchstaben sofort, es war ein Modell der Marke AEG, mindestens zwanzig Jahre alt. Der Markenschriftzug auf dem weißen, schmutzigen Plastikgehäuse war schon stellenweise abgeblättert und viele Toilettenbesucher hatten mit Filzstift Schmierereien auf dem Plastik hinterlassen oder ihre Zigarettenkippen daran ausgedrückt. Der Luftstutzen war außergewöhnlich dick und chromglänzend, man hatte ihn offenbar erz kürzlich gereinigt. Das Sieb an seiner Unterseite war jedoch stark verschmutzt – dicht Staubflusen hingen zwischen den Maschen und erste Anzeichen von Rost waren zu erkennen.
In der Mitte des Gehäuses befand sich ein silberner, runder Metallknopf, dessen Schönheit Hussano überwältigend fand. So rund, so perfekt. Zärtlich strich er über den Knopf und dann über den gesamten Apparat. Keine Ritze ließen seine Fingerspitzen aus und vor seinem geistigen Auge entstand ein exaktes Abbild des Handtrockners, von dem er wusste, dass es niemals vergehen würde. Die Musik aus dem Lautsprecher drang nicht mehr an sein Ohr – es gab nur noch ihn und die Maschine. Stattdessen hörte er in seinem Kopf sein Stück klassischer Musik, dass ihn von einer eigentümlichen, traurigen Freude erfüllte. Er wusste, dass er es zum ersten und zum einzigen Mal in seiner frühen Kindheit gehört hatte, doch er wusste nicht wo und wann. Geblieben war lediglich diese getragene, erhabene Melodie, die langsam auf ein Crescendo zusteuerte und die Gewissheit, dass jenes Erlebnis, als sich dieses Stück unauslöschlich in sein Gedächtnis eingebrannt hatte, ein Moment des reinen, wahren Glücks gewesen war, wie er ihn danach nie wieder erlebt hatte. Nur das, was er jetzt im Begriff war zu tun, würde ihm einen bittersüßen Nachgeschmack jenes Glücksgefühls bescheren.
Das Stück stand unmittelbar vor seinem Höhepunkt. Geigen und Pauken peitschten sich gegenseitig auf. Seine Hand auf dem Knopf erzitterte.
Er legte seinen Mund auf den silbernen Stutzen und schloss die Lippen fest um seinen Rand, sodass die Zunge gegen das staubige Gitter drückte. Er schmeckte saures Metall.
Das Finale – er hörte es deutlich in seinen Ohren, der ganze Raum war erfüllt davon. Es geschah. Er tat es. Der Knopf.
Das Gebläse erwachte Brüllend zum Leben und fügte sich perfekt zu den Klängen des furiosen Crescendos, eine Arie der Kraft.
Glühend heiße Luft mit dem herrlichen Aroma des Schmutzes von Jahrzehnten presste in seine Lungen.
Sterne explodierten vor seinen Augen.
Dann Schwärze.
Der Raum verschwand.

~~~

Grelles, orangegelbes Licht stach in seine Augen. Er Lag flach auf dem Boden – im Freien. Jemand beugte sich über ihn. Hussano blinzelte – es war der Kassierer.
„Sie sind wach.“, sagte dieser und es klang wie eine Feststellung, es war keine Frage.
„Sie haben es wieder getan, nicht wahr?“ Der Kassierer lachte auf.
Hussano antwortete nicht, sondern setzte sich nur auf. Wer war der Kassierer?
Der Boden unter ihm war kalt. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er sich auf einem Rastplatz befand, direkt vor einem Kiosk. Hussano hatte das Gefühl, es zu kennen – aber woher? Was war geschehen? Wie war er hier her gekommen? Ruckartig stand er auf und taumelte etwas. Der Mann, der bei ihm stand und der sich eben über ihn gebeugt hatte, stützte ihn. Hussano schüttelte seine Hände ab und sah ihn dann verärgert an. Er brauchte keine Hilfe. Er konnte selbstständig stehen.
Er sah den ältlich wirkenden Mann mit autoritärer Miene an und sprach:
„Unterlassen Sie derartige Vertraulichkeiten bitte. Ich bin eine Amtsperson. Wir kennen uns nicht.“
Zu fragen, wieso er auf einem Rastplatz, den er nicht kannte, kürzlich ohnmächtig auf dem Asphalt erwachte war, traute Hussano sich nicht. Es wäre auch unklug gewesen, sagte er sich, denn durch diese Preisgabe von Nichtwissen würde er schließlich seine Autorität untergraben, was er als Angehöriger des Amtes tunlichst zu unterlassen hatte. Denn schließlich, redete er sich ins Gewissen, war er als Amtsperson auch außerhalb seiner Arbeitsstätte ein Repräsentant des Amtes. Noch einmal wand er sich zu seinem Gegenüber.
„Ich…“ Hussano stockte, denn erneut hatte er das Gefühl, das Innere des Kioskes zu kennen, nur diesmal stärker. Doch das war gegen alle Vernunft. Er schüttelte den Gedanken ab und schloss seine Rede.
„Ich gehe jetzt.“
„Tun Sie das, tun Sie das. Das Amt braucht Sie!“, antwortete der in den Farben der Tankstellenkette gekleidete Mann. Seine Stimme klang amüsiert. „Doch nehmen Sie das mit.“ Er drückte Hussano ein Buch in die Hand. Hussano war über das Wissen, das der Unbekannte über ihn haben zu schien, so überrascht, dass er nichts hervorbringen konnte, um das Buch abzulehnen. So nahm er es entgegen – und bekam plötzlich den Eindruck, dass auch dieses Buch ihm bekannt vorkam. Eine leise Panik machte sich in ihm breit und so machte er auf dem Absatz kehrt und lief zu seinem Wagen, der glücklicherweise dicht bei den Zapfsäulen stand.
Kurz vor dem Losfahren sah er auf seine Armbanduhr – und erschrak. Es war 03.14 Uhr. Bis zu seinem Dienstbeginn waren es nur noch sechsundsiebzig Minuten! Während er nach seinem Autoschlüssel in der Tasche seiner grauen Anzugsjacke tastete, fiel sein Blick auf das kleine, rote Buch, welches ihm der unsauber aussehende Angestellte der Tankstelle gegen seinen Willen aufgenötigt hatte. Der Titel lautete „Realität“. Ein Autor war nicht genannt. Hussano runzelte die Stirn und schlug das Buch auf; dann schnaubte er und schüttelte den Kopf: Alle Seiten des Buches waren weiß und leer. Es war eine Buckrückenattrappe, wie es sie in Möbelhäusern gab. Man hatte sich einen Scherz mit ihm erlaubt. Er nahm sich vor, das Buch sobald wie möglich in einem dafür vorgesehenen Müllbehälter zu entsorgen. Es einfach aus zu Fenster zu schmeißen wäre schließlich verboten. So warf er es zunächst einfach auf den Beifahrersitz und vergaß es dann.
Er startete den Motor und verließ die Raststätte. Auf der Autobahn herrschte wenig Verkehr, doch die ersten Berufstätigen waren schon Unterwegs. Bald würde es dämmern. Hussano gefiel dieser Moment, wenn die Berufswelt erwachte, früh am Morgen. Er nahm sich vor, sobald wie möglich eine Liste von Tätigkeiten anzufertigen, die er auszuführen hatte, wenn er wieder an seinem Arbeitsplatz war.
Zumindest mit einer Sache hatte der seltsame Angestellte der Tankstelle recht gehabt:
Das Amt brauchte ihn.
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[Beitrag wurde 1x editiert, zuletzt von Lamarr am 23.04.2011, 14:18]
23.04.2011, 14:16 Uhr Anzeigen
# 2
Drakon  (28)
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Ichthyosaur
11.351 Punkte
Dabei seit: 23.12.2007
4.165 Beiträge
Wow. Nich schlecht!

So wie ich das verstanden habe, hat der Hussano eine art "2. Ich". Das er aber immer verdrängt. Echt genial! Und irgendwie auch schaurig wenn er das Buch aufschlägt und darin nix steht.

Echt super von dir!
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27.04.2011, 00:24 Uhr Anzeigen
# 3
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Alien Grunt
3.121 Punkte
Dabei seit: 27.03.2008
813 Beiträge
Perfekt!

Kenne ja nun auch deine anderen Texte, die du hier im Art Board veröffentlicht hast, aber ich würde wirklich sagen, dass dieser hier der beste geworden! Der Schreibstil ("Für Gewöhnlich erreichte er gegen 20:34 Uhr mit seinem Kraftfahrzeug seine Privatwohnung", "um eventuelle Verschmutzungen zu beseitigen") passt perfekt mit dem Charakter zusammen und ist sowieso genaial geschrieben.

Aber man merkt auch gleich Parallelen, besonders zu "Alfred und die Abluft" z.B. einfach die absurde Tatsache dass Hussano süchtig nach Handtrockner ist und Alfred nach Abluft.

Außerdem allein schon der Abschnitt mit dem A.z.E.d.G.z.p.O.a.A.u.G.r.A.a.a.A. macht den Text lesenswert :D

Also der Charakter hätte auf jeden Fall noch Potential für eine längere Geschichte gehabt ^^
28.04.2011, 01:40 Uhr Anzeigen
# 4
Lamarr  (33)
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Thread-Starter
Ichthyosaur
10.036 Punkte
Dabei seit: 28.11.2004
2.897 Beiträge
Danke. :)
Es könnte gut sein, dass noch mehr von Hussano kommt.
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Forum Member since 2004[/font]
CS:GO Server: 194.97.164.191:27015
28.04.2011, 12:35 Uhr Anzeigen
# 5
Nachricht offline
Bullsquid
1.574 Punkte
Dabei seit: 01.07.2007
563 Beiträge
wenn ich meine bescheidene meinung äußern darf...
es ist handwerklich solide... ja, vom technischen her einfach klasse... du verstehst es mit worten umzugehen...
aber nur, weil jemand gut farben mischen kann, heißt das noch lange nicht, dass das bild, was er malt, einen auch berührt.

du zeichnest eine ausgesprochen gute stimmung, die "das leben der anderen" verdächtig ist und dann? versandet das ende...

sie lässt mich unbefriedigt zurück, deine geschichte... nicht, weil ich jetzt mord und totschlag erwartet habe oder eine erklärung...
sondern eher, weil es für mich da keinen platz mehr zum nachdenken gibt... ich zucke mit den schultern und denke: okay, jetzt ist die geschichte zu ende...

keine ahnung, ich weiß nicht recht, ob du verstehen kannst, was ich meine...
aber wie gesagt, vom handwerklichen her ist das hohe schule, was du da geschrieben hast.
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08.05.2011, 01:29 Uhr Anzeigen
# 6
Lamarr  (33)
Nachricht offline
Thread-Starter
Ichthyosaur
10.036 Punkte
Dabei seit: 28.11.2004
2.897 Beiträge
Die Geschichte von Hussano will niemanden emotional berühren, keine Gefühle erwecken. Hussanos Welt ist das Gegenteil von einer farbigen, an Emotionen reichen Welt.
Platz zum Nachdenken dürfte dennoch reichlich vorhanden sein: Durch was wird die Hauptperson charakterisiert? In welcher Beziehung steht sie zu ihrer Umwelt? Was hat die "geheime Passion" zu bedeuten, von der wir hier erfahren und die ja in krassem Gegensatz zum restlichen Bild der Person steht - vor allem auf symbolischer Ebene?
Und vor allem am Ende: Auf was könnte das Buch hinweisen? Ich habe mir ein paar mal überlegt, ob ich dem Buch, was am Ende vorkommt, überhaupt einen Titel geben soll, oder nicht. Habe es dann doch getan, obwohl ich es fast für ein wenig offensichtlich halte. Vor dem Kontext der ganzen Schilderungen von Hussanos Welt müsste dieser Fingerzeig ziemlich offensichtlich sein.
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Forum Member since 2004[/font]
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08.05.2011, 22:01 Uhr Anzeigen
# 7
Bighomer  (27)
Nachricht offline
Hound Eye
251 Punkte
Dabei seit: 07.08.2010
446 Beiträge
So, das ist jetzt die erste Geschichte die ich wirklich von dir lese, und ich muss sagen sie hat mir wirklich gut gefallen.
erstklassig geschrieben , nie langweilig geworden, perfekte Länge;
eine wirklich hadere Geschichte (^^)
allerdings muss ich auch traumviolett recht geben, am Ende fehlt mir irgendwas.
29.07.2011, 01:39 Uhr Anzeigen
# 8
Lamarr  (33)
Nachricht offline
Thread-Starter
Ichthyosaur
10.036 Punkte
Dabei seit: 28.11.2004
2.897 Beiträge
THX für den Comment, die nächste Episode von Hussano (die du ja schon zum Teil kennst) wird mehr Handlung bieten.
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Forum Member since 2004[/font]
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30.07.2011, 01:16 Uhr Anzeigen
# 9
Mator  (28)
HLP - Programmierer
Nachricht offline
Hound Eye
109 Punkte
Dabei seit: 28.09.2011
258 Beiträge
Ich kann nur sagen: WOW

Diese Geschichte ist durchdacht, bietet Handlung und regt zu denken an. Und kein Vergleich zu den Geschichten, die wir früher in Deutsch durchgenommen haben. (Die einzige, an die ich mich erinnere ist "Die Küchenuhr" oder so)

Du machst eigentlich alles richtig: du bietest eine nicht langweilige Einleitung, dann der mittlere Teil, wo er nicht mehr er selbst ist hat mich total fasziniert und das Ende ist auch einfach nur gelungen. Nur bin ich auch der Meinung, dass du den Buchtitel hättest weglassen sollen. Ich finde, dass du dadurch die Gedanken des Lesers zu sehr in eine Richtung lenkst.

Mal schauen, wann Disney abschreibt :D

Immer weiter so.

Lg

mator
09.05.2012, 21:15 Uhr Anzeigen
# 10
Lamarr  (33)
Nachricht offline
Thread-Starter
Ichthyosaur
10.036 Punkte
Dabei seit: 28.11.2004
2.897 Beiträge
Danke für die Kritik. :)
Das ist das erste Mal seit fast einem Jahr, dass jemand etwas in diesem Forum postet. Schln, dass mal wieder etwas Leben hier reinkommt.
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Forum Member since 2004[/font]
CS:GO Server: 194.97.164.191:27015
10.05.2012, 12:45 Uhr Anzeigen
# 11
Mator  (28)
HLP - Programmierer
Nachricht offline
Hound Eye
109 Punkte
Dabei seit: 28.09.2011
258 Beiträge
Naja, bei so ner fetten Signatur kann man die Geschichte ja fast nicht übersehen und wenn man angefangen hat zu lesen, kann man (so finde ich) bei der Geschichte eigentlich nicht mehr aufhören, weil sie einfach genial ist.

Und wenn man die Geschichte dann gelesen hat, ist es definitv nicht verkehrt seine Meinung dazu zu sagen, vor allem, wenn sie so gut ist. Allerdings muss man auch sagen, dass dies ein HL-Portal und kein Kurzgeschichten Portal ist und die Aktivität allgemein hier nicht so hoch ist, was eigentlich traurig ist.
10.05.2012, 23:26 Uhr Anzeigen
# 12
Lamarr  (33)
Nachricht offline
Thread-Starter
Ichthyosaur
10.036 Punkte
Dabei seit: 28.11.2004
2.897 Beiträge
Stimmt.
In der Zeit nach dem Release der Orange Box war hier aber sehr viel los. Meine erste größere Geschichte (Alfred und die Abluft) in diesem Forum hat damals sehr viel Feedback bekommen, da waren mehr User unterwegs. Vielleicht kommt das mit HL3 - wenn es denn irgendwann angekündigt wird - wieder.
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Forum Member since 2004[/font]
CS:GO Server: 194.97.164.191:27015
11.05.2012, 00:12 Uhr Anzeigen
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